Von Manfred Bartsch:
Nach dem totalen Zusammenbruch begegneten sich überall Menschen, die durch gleiche Interessen verbunden waren. So fanden sich auch in Dorheim Schulkameraden des Jahrgangs 1928 zusammen, um Tischtennis zu spielen. Im Herbst 1945 war der Kampfplatz ein Küchentisch in der Waschküche von Arnold Reuß. Da sich nach und nach mehrere Interessenten fanden, zogen die eifrigen Spieler in die Gaststätte Wetzstein ein, wo auch ein größerer Tisch zur Verfügung stand. Weil aber auch dies keine richtige Lösung war, versuchte man durch Verhandlungen mit der Möbelfirma Steyer, die ihre Möbel im Café Faber untergestellt hatte, zu erreichen, dass man die Möbel umräumen und dadurch Platz für eine Platte schaffen konnte. Solange die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen waren, spielte man im Gastraum des Café Faber. Die erste Tischtennis-Platte wurde von Schreiner Eisner hergestellt – eine Hartfaserplatte auf einem Lattenrahmen. Die Folge war, dass der Ball an den Stellen, an denen die Hartfaserplatte durch den Rahmen unterstützt war, höher sprang als an anderen Stellen.
Als Trainingstage waren Montag und Donnerstag angesetzt. An den anderen Tagen spielte man im Saal Holler, der von Amerikanern beschlagnahmt war. Dort standen zwei richtige Tischtennis-Tische zur Verfügung, die später dem Verein geschenkt wurden. Bälle waren zu dieser Zeit schwer zu beschaffen. Sie wurden den Spielern hin und wieder von den Amerikanern geschenkt, oder mussten in komplizierten Tausch-Verfahren (quandeln) erworben werden. Meist war das „kostbare Gerät“ schlecht verklebt, die Nähte waren nicht geschliffen, so dass ein Wulst dem Ball oft eigensinnige Kapriolen gestattete. Nagellack oder Aceton mussten immer bereitstehen, um auseinandergebrochene Ballhälften wieder zusammenzufügen. Hatte der Ball eine Delle, so wurde diese in heißem Wasser wieder herausgedrückt. Auch die Schläger mit Sandpapierbelag, die in der damaligen Zeit noch zugelassen waren, erhöhten den Ballverbrauch enorm.
Nachdem man den ersten Tischtennistisch beschafft hatte, gründete man am 5.5.1946 den TTC Dorheim. Als Vereinsabzeichen wurde ein Achteck gewählt, das einen Tischtennisschläger mit Ball umschloss. Das ganze Abzeichen wurde von einem befreundeten Goldschmied entworfen und hergestellt. Da es aus Silber gefertigt wurden, mussten alle Interessenten 2- oder 5-Markstücke abliefern. Von diesen Abzeichen sind nur noch drei erhalten, die sich im Besitz von Herbert Stein, Hans Köhl und Walter Pelzer befinden.Die Gründer des TTC Dorheim hatten im Jahre 1946 keineswegs die Absicht, ein Großverein zu werden, zumal in dieser Zeit außer in den Städten Friedberg, Bad Nauheim und Butzbach keine Tischtennisvereine oder -abteilungen bestanden. Obwohl man sich mit den Leistungen der Tischtennisspieler dieser Städte wie Erich Mech, Boris Scondo und Dr. Bey bei weitem nicht messen konnte, hatte Hans Köhl den Mut, an den ersten Kreismeisterschaften in Bad Nauheim teilzunehmen, da er die Gelegenheit hatte, mit dem früheren südwestdeutschen Jugendmeister Albert Wiskirchen zu trainieren, der in dieser Zeit in Beienheim wohnte und dann und wann in Dorheim hereinschaute.Gespielt wurde damals in einer einzigen Spielklasse. Hans Köhl hatte das Pech, schon im ersten Spiel gegen den späteren Kreismeister Dr. Bey antreten zu müssen. Er verlor, wie nicht anders zu erwarten, aber er hatte teilgenommen.Am 1.3.1947 vermerkt das Vorstandsprotokoll des FSV 1912 Dorheim die Gründung einer Tischtennisabteilung. Mit diesem Tag schloss man sich dem FSV an, zumal die meisten Mitglieder auch dem FSV angehörten. In der Generalversammlung am 9.3.47 wurde Heinrich Seipel zum Abteilungsleiter gewählt, da kein anderer Tischtennisspieler über 21 Jahre alt war. Die Abteilung verblieb im Café Faber und führte dort ein recht eigenständiges Leben. Sie veranstaltete auch ihre eigenen Vergnügen und Weihnachtsfeiern. Größere Schwierigkeiten bereitete von Anfang an die Finanzfrage. Der FSV zahlte für Licht und Miete im Café Faber einen Zuschuss von 30,– RM. Nach der Währungsreform wurde die Saalmiete auf 10,– DM monatlich festgesetzt. Diese Kosten führten bei der Generalversammlung zu großen Diskussionen, an denen sich besonders der neue Leiter der Tischtennisabteilung Heinrich Wetzstein beteiligte. Er hatte die Abteilung am 18.1.1948 übernommen und führte sie, bis er im Herbst 1950 aus beruflichen Gründen nach Kassel verzog. Sein Nachfolger wurde ab 1.10.1950 Hans Köhl. Am 13.12.1950 wurde beschlossen, dass in den Monaten Dezember 1950 und Januar 1951 das Training ausfallen müsse, da die finanzielle Lage des FSV eine Weiterzahlung der Miete nicht erlaubte. In der Generalversammlung am 14.1.1951 verlangte ein Mitglied, die Tischtennisabteilung aufzulösen, da diese im abgelaufenen Jahr keine Einnahmen verzeichnet habe und infolge dessen nur eine finanzielle Belastung für den Gesamtverein darstelle. Der 1. Vorsitzende, Gottfried Rack, konnte diese Auflösung jedoch verhindern. Der FSV zahlte monatlich nur noch 6,– DM Zuschuss zur Miete, sodass die Mitglieder der Tischtennisabteilung den Rest selbst aufbringen mussten.Am 1.9.1952 übernahm Heinrich Wetzstein wieder die Leitung der Abteilung. Über sie Erfolge der vorangegangenen Jahre liegen leider keine Unterlagen mehr vor. Ab 1950 jedoch spielte die 1. Herrenmannschaft in der Bezirksklasse Frankfurt, in der außer Dorheim und Friedberg nur Frankfurter Vereine vertreten waren. Die erste Mannschaft musste allerdings am Ende dieser Runde wieder absteigen.Am 2.1.1955 wurde im Café Faber der TTC Dorheim neu gegründet, die Tischtennisabteilung des FSV wurde aufgelöst. Der erste Vorstand des neu gegründeten Vereins setzte sich aus folgenden Mitgliedern zusammen:
1. Vorsitzender : Heinrich Wetzstein
2. Vorsitzender und Schriftführer : Günter Berthold
Kassierer: Robert Schmitt
Jugendwart: Walter Schneider
Am 21.5.1955 wurde der TTC Dorheim in den Landessportbund Hessen aufgenommen. Am Ende der Saison 1955/56 errang die 1. Herrenmannschaft den ersten Platz in der Kreisklasse A und stieg damit in die Bezirksklasse Hanau-West auf. Die zweite Mannschaft belegte einen guten Mittelplatz. Der Tabellenstand der Jugend konnte nicht genau festgestellt werden, da keine Tabelle veröffentlicht wurde. In den folgenden Jahren war der Erfolg der beteiligten Mannschaften des TTC Dorheim verschieden. Er wechselte von Mittelplätzen zu ersten Plätzen. Ein Problem bestand seit jeher in der Durchführung des Trainingbetriebes. Es war von Anfang an schwierig, die erfahrenen Spieler der Seniorenmannschaften zum Training der Jugend heranzuziehen. Außerdem gab es oft Schwierigkeiten in den Mannschaftsaufstellungen, sodass 1958 der amtierende Vorstand beschloss eine Rangliste auszuspielen.Verschiedene Vereinsmitglieder nahmen im Jahr 1958 an Turnieren und Meisterschaften in Bad Nauheim, Okarben und Büdesheim teil. Rosemarie Gottwalz errang in der Klasse C den ersten Platz und wurde Kreismeisterin. In Okarben belegte Kurt Eich den zweiten Platz in der Klasse C des Herren-Einzels. Die erste Mannschaft konnte den zweiten Platz hinter Okarben belegen; die zweite Mannschaft erreichte in der B-Klasse hinter Okarben II und Bönstadt den dritten Platz.
In den Jahren 1959 und 1960 unterhielt man ein freundschaftliches Verhältnis zum TV Ober-Rieden (Bezirk Kassel). Es war immer ein wunderschönes Erlebnis, wenn man dorthin fuhr und auf dem Sportplatz seine Zelte aufschlug. Das abendliche Vergnügen mit den Spielern des TV Ober-Rieden wird allen Beteiligten gern in Erinnerung bleiben. Sieg und Niederlage wechselten in den Spielen mit Ober-Rieden. Zweimal verlor die erste Mannschaft, und die zweite Mannschaft gewann.
Nachdem Anfang der 60er Jahre ein erfreulicher Aufstieg des Vereins zu verzeichnen war, begann in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ein merklicher Rückgang, der weitgehend auf Überalterung der Seniorenmannschaften zurückzuführen war. Im Jahr 1967 war ein Tiefpunkt erreicht, da in dieser Serie die Reservemannschaft wegen Spielermangel aus der Friedberger A-Klasse zurückgezogen werden musste, und die erste Mannschaft nach Abschluss der Meisterschaftsrunde in die B-Klasse absteigen musste.
Der große Idealismus von Heinrich Wetzstein setzte dann nach 1967 neue Maßstäbe und brachte den TTC Dorheim wieder auf neuen Kurs. Er zog andere Mitglieder zur Mitverantwortung heran und so baute sich der TTC Dorheim eine neue Jugendabteilung auf. Mit Bernd Radetzky, Gerd Glowacky, Wolfgang Schmidt und Dieter Hofmann hatte man bald eine schlagkräftige erste Jugend zusammen. Durch den Bau der Turnhalle der Brüder-Grimm-Schule verbesserten sich die Trainingsgelegenheiten ganz erheblich. Es war nun möglich, mehrere Tische zu stellen und interessierte Jugendliche und Schüler heranzuziehen. Seit der Saison 1968/69 war ein spürbarer Leistungsanstieg in allen Mannschaften zu verzeichnen. Die erste Mannschaft erreichte den Wiederaufstieg in die A-Klasse und die zweite Mannschaft in die B-Klasse.
Im Jubiläumsjahr 1971 begann der eigentliche Höhenflug des TTC Dorheim, denn in diesem Jahr wurde die Meisterschaft in der Kreisklasse A errungen und der Aufstieg in die Bezirksklasse erreicht. 1971/72 wurde man auch dort Meister, und stieg in die Gruppenliga auf. Mit dem zweiten Platz und dem mit 9:4 gewonnenen Entscheidungsspiel gegen den TV Braunfels konnte man dann im Jahr 1974/75 in der Landesliga Ost antreten und erreichte auf Anhieb einen hervorragenden 3. Platz. Diesen Erfolg verdankte man einer guten Vereinsarbeit, wobei es immer gelang, auch auswärtige Spieler ohne finanzielle Zuwendungen anzulocken. Namen wie Stöcker, Duch, Koch und Margarosyan waren und sind immer noch weit über die Kreisgrenzen hinaus bekannt. Dazu gesellten sich noch die beiden Nachwuchsspieler Radetzky und Reuß, die schon seit Jahren einen Stammplatz in der ersten Mannschaft einnahmen.
Nach einer ruhigen Phase mit durchschnittlichen sportlichen Ergebnissen in den Jahren 1975 – 80 begann mit der Übernahme der anlässlich des Friedberger Hessentages 1979 angebotenen Stadtmeisterschaften eine neue Erfolgsserie. Mit diesem großen Turnier an dem damals über 300 Spieler aus ganz Hessen teilnahmen, wurde der Name des TTC Dorheim landesweit bekannt. Bis heute werden diese Stadtmeisterschaften vom TTC mit ansteigenden Teilnehmerzahlen durchgeführt. Das Rekordergebnis mit 628 Startern konnte man 1993 verzeichnen. Die ersten Stadtmeister waren N. Schlauch vom TTC Saalmünster bei den Herren und Petra Fedra aus Neuenhain.
Außer dieser Veranstaltung hat der Verein schon immer große Turnier in der Sporthalle der Philipp-Dieffenbach-Schule durchgeführt, unter anderem Hessische Ranglisten, Hessische Pokalmeisterschaften, Hessische Jahrgangsmeisterschaften sowie Bezirkspokalmeisterschaften und mehrmals die Bezirkseinzelmeisterschaften der Jugend und Schüler. Dazu kamen noch etliche Turniere und Ranglisten auf Kreisebene.
Mit dem Wechsel von Bernd Koch, Parsel Margarosyan Heinz Stöcker und Andreas Engelhaupt nach Dorheim 1975 konnte man in den Jahren 1975 -1979 bis zu Regionalliga Südwest aufsteigen, damals die dritthöchste Spielklasse in der Bundesrepublik. Vervollständigt wurde die Mannschaft in dieser Zeit durch Andreas Gnann und Klaus Geschwill aus Heringen. 5 Jahre konnte man sich in dieser Spielklasse halten, musste aber dann im Jahr 1986 die Mannschaft aufgrund des Weggangs einiger Spieler in die Bezirksliga zurückziehen und konnte sich dort nur durch ein Entscheidungsspiel gegen Bad Orb retten. Aber es zeigte sich schon wieder ein Silberstreif am Horizont, denn Die Jugend wurde mit Andreas Weingärtner und Achim Teschke Bezirkspokalsieger. Auch in den unteren Klassen konnten verschiedene Meistertitel errungen werden.
Mit der Saison 1989/90 begann wiederum eine neue Ära des TTC Dorheim. Mit den Zugängen Uli Schäfer (früherer Bundesligaspieler) aus Gießen, Gebhard Mandler und Sascha Feller (Großenlinden) sowie Christoph Dingeldein aus Schwalheim wurde der Grundstein für 5 Meisterschaften in Folge gelegt. 1990 wurde die Mannschaft neu aufgebaut und durch die bundesligaerfahrenen Spieler Horatio Pintea (kanadischer Nationalspieler) aus Steinhagen und Torsten Kirchherr aus Weinheim verstärkt. Dazu kamen noch Frank Geppert, Sascha Berg und Udo Haussner.
Auch die unteren Mannschaften waren 1992 sehr erfolgreich. In diesem Jahr übernahm Doris Kühn als neue Vorsitzende den Verein und konnte am Ende der Saison gleich mehrere Meister ehren: die erste Mannschaft als wurde Meister der Hessenliga und die 2. Mannschaft als Meister der Bezirksklasse (Jörg Gegner, Adam Malejka, Dieter Hartmann, Peter Wetzstein, Lutz Zoppke, Achim Teschke und Rolf Beck). Unter der Führung von Christoph Dingeldein wurde die erste Schülermannschaft mit Christian Schumm, Michael Hartmann, Marc Schubring und Sascha Jäger und die zweite Schülermannschaft mit Geza Balser, Tina Barden, Miriam Leim, Patrick Völker und Timo Pipp Meister ihrer Klasse.
Die erfolgreiche Jugendarbeit wird bis heute unter der Betreuung von Chr. Dingeldein und Martin Janda fortgesetzt, deren Höhepunkt der Aufstieg von Fabian Moritz bis zur Deutschen Spitze darstellt. Die einzelnen Ergebnisse werden in einem Sonderbericht vorgestellt.
Verschiedene Mitglieder des TTC Dorheim haben sich auch über die Vereinsebene hinaus dem TT-Sport verschrieben. Mit Engelbert Schmidt, Helmut Kohl und Manfred Bartsch stellte man auch langjährige Funktionsträger auf Kreis- und Bezirksebene.
Das allzu früh verstorbene Gründungsmitglied, langjähriger erster Vorsitzender und Ehrenpräsident Heinrich Wetzstein war 30 Jahre lang Kreisvorsitzender des Tischtenniskreises Friedberg (bis 1986). Diesem Mann verdanken wir sehr viel und wir werden ihn stets als unser Vorbild begreifen. Er ist für uns Erbe und Auftrag.Wie so oft folgte einem Vereinshoch wieder ein Tief. So musste der TTC nach dem Weggang vieler Spieler, die aufgrund der zunehmenden Kommerzialisierung unserer Sportart attraktivere Bedingungen bei anderen Vereinen fanden, die erste Mannschaft bis in die Bezirksoberliga zurückziehen. Der Verein wird deshalb nicht untergehen und sich stets den neuen Herausforderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Sport stellen und nach dem Motto handeln:
Aus der Vergangenheit lernen,
die Gegenwart bewältigen,
um auf die Zukunft zu bauen.